Finanzmärkte sehen Zins- und Inflationsgipfel erreicht

Internationale Finanzmaerkte

Angesichts des Inflationsschocks des Jahres 2022 setzten die Notenbanken im Jahr 2023 ihre geldpolitischen Straffungen aus dem Vorjahr fort, erhöhten ihre Leitzinsen weiter und erreichten damit 2023 und innerhalb von weniger als achtzehn Monaten Erhöhungsphase das höchste Leitzinsniveau seit der globalen Finanzkrise von 2008; im Falle der Europäischen Zentralbank (EZB) das höchste seit Einführung des Euros.

Im Zuge dieser Zinspolitik sanken die konjunkturellen Aussichten der Weltwirtschaft aufgrund der steigenden Finanzierungskosten. Auch die Entwicklung in der Volksrepublik China mit Immobilienkrise und Nullcovidpolitik trug zur einsetzenden Konjunkturbremsung bei. Geopolitische Unsicherheiten wie der andauernde russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, der durch den Terrorangriff der Hamas auf Israel intensivierte Nahostkonflikt oder die Rivalität zwischen China und den USA belasteten die Konjunkturaussichten ebenfalls. Die Finanzmärkte entwickelten sich jedoch eher positiv. So fiel die Verbraucherpreisinflation in den USA zum Jahresende auf 3,4 %, nach 6,4 % im Januar 2023. Im Euroraum war sie im selben Zeitraum von 8,6 % auf 2,9 % gesunken. Die Finanzmärkte reagierten stark auf die Rückgänge, wodurch Aktien- und Anleihenkurse vor allem in der Jahresendrallye deutlich zulegten.

USA: Fed lässt Zinserhöhungszyklus auslaufen
Die US-Notenbank Fed beendete am 27. Juli 2023 ihren geldpolitischen Straffungskurs bei einem Leitzinskorridor von 5,25 % bis 5,5 %. Damit erhöhte die Fed ihre Zinsen 2023 noch um 100 Basispunkte, nachdem sie 2022 mit 425 Basispunkten das Gros ihrer geldpolitischen Reaktion auf den Inflationsschock bereits vollzogen hatte. Von August bis Dezember 2023 hielt die Fed ihre Leitzinsen stabil und kündigte an, diesen Kurs bis ins Jahr 2024 beibehalten zu wollen.

Europa: EZB erhöht Leitzinsen um 200 Basispunkte auf höchstes Zinsniveau der Euro-Geschichte
Nach ihrer Erhöhung der Leitzinsen um 250 Basispunkte in 2022 vollzog die EZB 2023 sechs neuerliche Zinserhöhungen um weitere 200 Basispunkte. Am 20. September 2023 erreichten die Leitzinsen ihren vorläufigen Höhepunkt mit 4 % für die Einlagenfazilität, 4,5 % für die Haupt­refinanzierungs­fazilität und 4,75 % für die Spitzen­refinanzierungs­fazilität. Damit überschritt die EZB erstmals ihr vor der Finanzkrise erreichtes Leitzinsniveau von 3,25 % für die Einlagenfazilität. Bis zum Jahresende bestätigte die EZB dieses Zinsniveau und kündigte an, es so lange aufrecht halten zu wollen, bis die Inflation das mittelfristige EZB-Ziel von 2 % wieder erreiche. Parallel dazu fuhr die EZB zur Verstärkung ihrer restriktiven Geldpolitik auch ihre Anleihenkaufprogramme weiter zurück. Im Schnitt wurden 2023 monatlich ca. 27,6 Mrd. € APP-Volumen (Programm zum Ankauf von Vermögenswerten) nicht mehr reinvestiert. Mit geldpolitischer Sitzung am 14. Dezember 2023 entschied die Notenbank, auch fällige Anleihen des 2020 aufgelegten Pandemiekaufprogramms PEPP ab Juli 2024 nur noch teilweise zu reinvestieren. Das PEPP-Portfolio belief sich zum Jahresende 2023 auf rund 1,7 Bill. €, das APP-Portfolio auf rund 3 Bill. €.

Euro stabilisiert sich mit geopolitischer Lage und Leitzins­erhöhungen der EZB
Die europäische Gemeinschaftswährung wertete im Verlauf des Jahres 2023 leicht von 1,07 auf 1,10 US-Dollar je € auf und profitierte dabei von der Geldpolitik der EZB, die ihre Leitzinsen um 200 Basispunkte erhöhte, während die Fed ihre Leitzinsen um niedrigere 100 Basispunkte anhob. Dies verringerte den Zinsabstand der großen Währungsräume und ließ den Euro als Devise attraktiver werden. Zudem profitierte die Gemeinschaftswährung von der insgesamt erfolgreichen Selbstverteidigung der Ukraine gegen Russlands Invasion, welche die Sorgen um ein Übergreifen der russischen Aggression auf andere europäische Staaten minimierte. Dennoch blieb der Euro relativ zum Dollar anfällig und reagierte insbesondere auf Veränderungen der geopolitischen Lage und das Zinsverhalten der EZB. So sank der Euro vom 30. August bis zum 13. Oktober 2023 von 1,09 auf 1,05 US-Dollar je €. In dieser Zeitspanne beendete die EZB einerseits ihre Zinserhöhungen, während andererseits die Hamas mit ihrem Terrorangriff auf Israel einen kriegsähnlichen Konflikt entfachte. Da dieser im weiteren Verlauf des Jahres 2023 aber weitgehend isoliert blieb und die Finanzmärkte zum Jahresende für die Fed bereits deutliche Leitzinssenkungen im Jahr 2024 einpreisten, konnte sich der Euro wieder erholen und mit 1,10 US-Dollar je € das Jahr 2023 beschließen.

DAX schließt nahe Rekordhoch
Die Aktienmärkte setzten zum Jahresauftakt die Erholung von Ende 2022 fort. Der DAX stieg vom 1. Januar bis zum 9. März 2023 um 12,3 % auf 15.633,21 Punkte. Anschließend erschütterte jedoch die Krise der US-Regionalbanken, insbesondere die plötzliche Zahlungsunfähigkeit der Silicon Valley Bank, die Finanzmärkte. Dies löste einen Schock auf den Aktienmärkten aus. Der DAX etwa verlor bis zum 17. März 2023 5,5 % seines Kurswertes. Die Verluste konzentrierten sich dabei auf Finanzwerte. Die Krise erreichte ihren Höhepunkt mit der Fusion der Schweizer Großbanken Credit Suisse und UBS am 19. März 2023, welche die Schweizer Behörden zur Abwicklung der erstgenannten Bank organisiert hatten. Dieser Akt konnte die Märkte beruhigen und ermöglichte eine Erholung der Aktienmärkte von dem kurzzeitigen Einbruch. Ende Juli 2023 notierte der DAX bei 16.446,83 Punkten und damit 18,1 % über seinem Jahreseinstandswert. Im Zuge des Terrorangriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, auf den Israel mit einer Millitäroffensive gegen die Hamas im Gazastreifen antwortete, verlor der DAX im Oktober 4,3 % und fiel damit auf einen Tiefpunkt von 14.716,54 Punkte zurück. Da der Konflikt bis zum Jahresende weitgehend auf den Gazastreifen begrenzt blieb, setzte im November bereits eine neuerliche, vorsichtige Erholung an den Aktienmärkten ein. Der DAX legte von Anfang November 2023 bis Jahresende um 13,1 % zu. Dadurch schloss er das Jahr mit 16.751,64 Punkten und auf Jahressicht um 20,3 % im Plus ab. Im globalen Vergleich entwickelte sich der deutsche Leitindex damit ähnlich zum Euro Stoxx 50, der 19,2 % zulegen konnte, aber schwächer als der S&P 500 und der Nasdaq Composite. Letztere konnten 24,2 % beziehungsweise 43,4 % zulegen.