Die wirtschaftliche und soziale Situation einer Vielzahl an Handwerkern, Gewerbetreibenden und Bauern verschlechtert sich zunehmend. Wer nicht wächst, geht unter. Dank Kohle und Stahl avanciert das Ruhrgebiet damals zur blühenden Region; Dortmund wird zu einem Gründungsplatz und Industriestandort ersten Ranges – der Finanzbedarf der Montanstadt wächst und wächst. Genau zu dieser Zeit finden in Dortmund am 7. Februar 1899 dreiundzwanzig Angehörige des heimischen Mittelstandes – hauptsächlich Handwerker – zusammen, um ihre eigene Gewerbebank zu gründen. Ihre Vision: Erwerb und Wirtschaft ihrer Mitglieder sowie deren soziale und kulturelle Belange mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes zu fördern. „Selbsthilfe durch freiwillige Kooperation“ lautet damit ihre Lösung gegen die Existenzkrise des Mittelstandes im Industriezeitalter.
Was klein begann, ist 125 Jahre und – mit Otto Heuer, Dr. Otto Heuer, Helmut Raschinski, Hans-Dieter Michalski, Martin Eul und Michael Martens – sechs Vorstandsvorsitzende später dank der Genossenschaftsmitglieder aller Generationen und Zeiten, dank Ihnen und allen Eigentümern unserer Bank zur großen Geschichte geworden: Heute ist die Dortmunder Volksbank mit einer Bilanzsumme von 10,5 Mrd. € eines der führenden Kreditinstitute im Geschäftsgebiet sowie die Nr. 1 der Genossenschaftsbanken in NRW und eine der größten Volks- und Raiffeisenbanken überhaupt in Deutschland. Eine Genossenschaftsbank, die sich als Motor der Wirtschaft für die Region engagiert und als Wertegemeinschaft für den Wohlstand dafür sorgt, dass ihre Mitglieder erfolgreicher sind als Kund*innen anderer Banken. Und dies – so belegt unsere Chronik – durch alle Kriege und Krisen hindurch. Eine Erfolgsgeschichte aus 125 Jahren. Darin zeigt sich einmal mehr, wie viel erreicht werden kann, wenn Menschen untereinander solidarisch handeln und Hilfe zur Selbsthilfe leisten, um die Zukunft selbst zu gestalten: Gemeinschaft macht stark! Das lehrt uns die Geschichte und das erleben wir als Genossenschaftsbank jeden Tag aufs Neue.
„Wer in der Zukunft lesen will, der muss in der Vergangenheit blättern“, so der Schriftsteller André Malraux. Hier also einige Höhepunkte aus 125 Jahren Dortmunder Volksbank, korreliert mit den kulturhistorischen Fakten des Zeitgeschehens. Unsere Geschichte: Viel Freude beim Lesen und Entdecken!
1899–1913: Gründung der Bank und Auftakt der Ära Heuer
Zeitgeschehen: Im Kaiserreich vollzieht sich die Hochindustrialisierung des Ruhrgebiets aus Kohle und Stahl. Kaiser Wilhelm II. kommt 1899 zur Eröffnung des Dortmund-Ems-Kanals nach Dortmund.
Bankgeschehen: „Was einer alleine nicht schafft, das schaffen viele gemeinsam“ – nach Raiffeisens Motto und Schulze-Delitzschs Genossenschaftsmodell schließen sich auch in Dortmund Gewerbetreibende zur gegenseitigen wirtschaftlichen Stärkung solidarisch zusammen. Am 7. Februar 1899 schlägt die Geburtsstunde der Dortmunder Volksbank. Im Hotel „Merkert“ in Dortmund gründet sich die Gewerbebank in Form einer eingetragenen Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht. Gegenstand dieser Genossenschaft ist es laut Statut, „Bankgeschäfte zu betreiben zum Zwecke der Beschaffung der für das Gewerbe und die Wirtschaft der Mitglieder nötigen Geldmittel“. Über 50 Jahre hinweg lenkt Bankdirektor Otto Heuer ab 1902 überaus erfolgreich die Geschicke der Bank. Es geht bergauf: Betrug das Eintrittsgeld in der Gründungszeit noch drei, später fünf Mark pro Mitglied, so kann die Bank zum zehnjährigen Bestehen 1909 bereits mit einer Bilanzsumme von einer Million Mark aufwarten.
1914–1945: Weltkriege und Krisen, 1948 die Währungsreform
Zeitgeschehen: 1914–1918: Der I. Weltkrieg fordert bis 1918 europaweit 10 Mio. Tote. 1918–1933 folgt die Weimarer Republik, ab 1923 dann die Hyperinflation, 1929 die Weltwirtschaftskrise, 1932 die große Arbeitslosigkeit und 1933 die Machtergreifung Hitlers – Deutschland schlittert selbstverschuldet in die Katastrophe. 1939–1945: Der II. Weltkrieg und Holocaust hinterlassen weltweit 50 Mio. Tote. Heute wissen wir: Wehret den Anfängen!
Bankgeschehen: Die Gewerbebank übersteht den I. Weltkrieg, die Hyperinflation, die Weltwirtschaftskrise, den Bankencrash und die Depression dank ihrer vorsichtigen Geschäftspolitik unbeschadet. Im Gegensatz zu anderen Kreditinstituten bleibt die Bank zahlungsfähig. Großereignis: Im August 1932 richtet die Gewerbebank den Großen Deutschen Genossenschaftstag aus, zu dem Vertreter aller gewerblichen Genossenschaften Deutschlands nach Dortmund anreisen. Bank im Nationalsozialismus: Die manipulierte Ankurbelung der Wirtschaft bringt eine Stabilisierung der Bilanzzahlen – doch das Hitlerregime macht im Laufe der Zeit seinen diktatorischen Einfluss in allen Wirtschaftsbereichen geltend. Der Krieg bringt Tod und Not, auch für Dortmund, das bei Kriegsende nach über 100 Luftangriffen zu 95 % zerstört ist. Auch die Bank wird bombardiert, allein der Tresor bleibt erhalten. Deutschland aus den Trümmern: Es folgt eine Zeit bitterer Entbehrungen, Hunger, Kälte und Wohnungsnot. Deutschland liegt in Schutt und Asche – und doch beginnt in allen Lebensbereichen der Wiederaufbau. Eine tiefgreifende wirtschaftliche Wende kann nicht ohne eine nachhaltige Sanierung der zerrütteten Währung gelingen: Die Währungsreform im Jahr 1948 ermöglicht einen neuen Anfang. Die Deutsche Mark (DM) löst die Reichsmark (RM) ab. Über Nacht füllen sich die Schaufenster, es gibt wieder etwas zu kaufen. Der Andrang bei den Kreditinstituten ist groß. Es geht aufwärts, auch für die Dortmunder Volksbank.
1950–1969: Wirtschaftswunder, Name, Neubau und Vertreterversammlung
Zeitgeschehen: Vollbeschäftigung, steigende Löhne und ausgeglichener Staatshaushalt, Aufwertung der D-Mark, anwachsende Devisenreserven und Goldbestände, Investitionsboom und Wirtschaftswachstum – Deutschland geht es gut wie nie. Vom Wirtschaftswunder profitieren Wirtschaft und Bürgertum. „Ein großer Schritt für die Menschheit“ ist 1969 die Apollo-Mondlandung.
Bankgeschehen: Ende einer Ära – 1951 stirbt Direktor Otto Heuer, sein Sohn Dr. jur. Otto Heuer führt jetzt die Bank als leitender Direktor. 1952 liegt die Bilanzsumme des laufenden Jahres bei über 10 Mio. DM. An der ersten Generalversammlung seit der Währungsreform nehmen die etwa 1.500 Mitglieder des Dortmunder gewerblichen Mittelstandes teil. Aufschwung in den 1960ern: Die Bilanzsumme wächst auf 37 Mio. DM. Innovation und Rationalisierung 1962: Als eine der ersten Kreditgenossenschaften setzt die Bank eine eigene Datenverarbeitungsanlage ein und stellt die Buchhaltung auf das Lochkartensystem der Firma IBM um. Das System bewährt sich schnell, entfallen doch mit der Neueinrichtung der Buchhaltung allein unzählige Überstunden für das Quartalsende und erst recht für den Jahresschluss. Die Bank expandiert und eröffnet in diesen Jahren zahlreiche neue Zweigstellen. 1964 liegt die Bilanzsumme bei über 50 Mio. DM. Namenswechsel: Die Generalversammlung beschließt auf Anraten des Deutschen Genossenschaftsverbandes, die Gewerbebank am 1. Juli 1965 in „Dortmunder Volksbank eG“ umzubenennen. Vorteile sind bessere Werbemöglichkeiten und vor allem die offenkundige Zugehörigkeit zum großen Verbund der deutschen Volksbanken auch nach außen hin. Bilanzsumme 1966: mehr als 60 Mio. DM. Größe und Understatement: Nach fast zweijähriger Bauzeit bezieht die Bank am 27. Mai 1968 ihr neues, repräsentatives Haus in der Betenstraße 10. 1969 ist die Bank auf über 3.000 Mitglieder angewachsen, daher löst die schlanke Vertreterversammlung jetzt die bisherige Praxis der Generalversammlung ab, denn Stärke braucht Organisation.
1970–1989: Kalter Krieg, Start der Ära Raschinski, Strukturwandel und Automation
Zeitgeschehen: Die Welt ist geteilt in Ost und West, der „Kalte Krieg“ bestimmt die Politik. Diesseits des Eisernen Vorhangs blühen in den 1970ern Wachstum und Wohlstand. Die Bundesrepublik prosperiert. Der politische Wechsel in Deutschland stärkt in den 1980ern die Marktwirtschaft, die Umweltbewegung gewinnt an Einfluss. Ost und West nähern sich vorsichtig an. Im Zeichen des Strukturwandels entstehen im Ruhrgebiet neue Wirtschaftsund Dienstleistungszweige.
Bankgeschehen: Helmut Raschinski lenkt von 1970 bis 1995 die Geschicke der Dortmunder Volksbank. In seine Ära fällt die Einführung der Geldautomaten. Die Dortmunder Volksbank fusioniert 1971 mit Castrop-Rauxel. Bis Ende der 1970er Jahre erreicht die Dortmunder Volksbank eine Stärke von über 6.000 Mitgliedern, 20 Filialen sowie eine Bilanzsumme von 311 Mio. DM und schüttet eine Dividende von 8,5 % auf die Geschäftsguthaben aus. Das Zinsniveau ist hoch wie nie. 1981 ist ein Geschäftsvolumen von einer halben Milliarde DM erreicht. Innovation: Die Dortmunder Volksbank wagt den Technologiesprung – die neue Online-Bildschirmtechnik ermöglicht ab Mitte der 1980er Jahre den direkten Zahlungsverkehr und damit die Kundenselbstbedienung über Geldausgabeautomaten und Kontoauszugsdrucker. 1985 erfolgt die Fusion mit der Volksbank Hörde, die das Bilanzvolumen der Dortmunder Volksbank von bereits 750 Mio DM auf nun über 1,1 Mrd. DM in die Höhe schnellen lässt. 13.146 Mitglieder mit 49.467 Geschäftsanteilen und 36 Zweigstellen kann die Dortmunder Volksbank jetzt verzeichnen.
1986 kommt die Fusion mit der Volksbank Dortmund-Asseln. Service für die Stadt: Die Bankautomaten in der Hauptstelle kommen an. 1987 erhalten auch Asseln, Castrop-Rauxel und Hombruch Automatenanlagen – als Angebot für Mitglieder und Kund*innen, die damit auch außerhalb der normalen Kassenöffnungszeiten Geld ein- und auszahlen können. 1988 folgt die Einrichtung von computergesteuerten Kassentresoren.
1989–1999: Mauerfall, Wiedervereinigung und Expansion, Ära Michalski folgt
Zeitgeschehen: Die Entspannungspolitik Europas und der Supermächte trägt Früchte – die friedliche Revolution hebt 1989 die Teilung Deutschlands auf. Mit der Wiedervereinigung ist ab 1990 Expansion angesagt. Mit dem Zerfall der UdSSR ist die klare Teilung der Welt in West und Ost aufgehoben. Die Machtverhältnisse verschieben sich. Der Vertrag von Maastricht etabliert 1993 die Europäische Union und damit den europäischen Binnenmarkt. 1995 fallen die Grenzen im Schengenraum – Europa wird zum Raum der Sicherheit, der Freiheit und des Rechts.